Unser Netzwerk
OWYO ist nicht irgendein Netzwerk ― es ist eine Bewegung, es sind engagierte Menschen, die Integration aktiv gestalten und leben wollen mit Bildung
Chancen erkennen
und nutzen
Viola Klein
Viola Klein
Es ist eine Investition, in die Zukunft internationale Arbeitnehmer zu integrieren.
OWYO: Warum ist es wichtig, internationale Arbeitnehmer in Sachsen zu haben?
Viola Klein: Weil wir einfach zu wenig Arbeitskräfte haben, in allen Bereichen. Ich mache hier aber klare Unterschiede zwischen Geflüchteten und Menschen, die mit dem Ziel herkommen, in Forschung, Wissenschaft, Unternehmen zu arbeiten. Wir sollten zielgerichtet hoch ausgebildete Menschen aus der ganzen Welt zu uns einladen. Aber hier gibt es kaum Probleme bei der Integration ― diese Personengruppen sind immer auf Zeit in einem für sie wichtigen Umfeld. Wir brauchen aber zum Beispiel auch Menschen in den einfachen Berufen im Mindestlohnbereich. Und wenn wir sie motivieren wollen, müssen wir sie vorher ausbilden. Das Wichtigste und die Voraussetzung sind Deutschkurse und Wissen zu den Werten und der Kultur unserer Gesellschaft. Wenn Integration gelingen soll, ist die Sprache die Basis. Und wir müssen um die Menschen kümmern, die ankommen. Das bedeutet nicht, dass wir ein Schlaraffenland errichten, sondern, sie befähigen, die Verantwortung für ihr Leben selbst zu übernehmen. Und wir sollten ihnen helfen, sich so schnell als möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
OWYO: Warum müssen wir lernen, anders miteinander in der Gesellschaft umzugehen?
Viola Klein: Nun, wenn wir Toleranz und Respekt gegenüber unseren Werten erwarten, müssen wir sie den Menschen, die ankommen wollen, auch vermitteln. In unserem säkularen System ist Religion nichts Vorgegebenes. Kirche und Staat sind hier getrennt. Das muss respektiert werden, sonst wird es immer weiter zu Problemen und Ablehnung in der deutschen Bevölkerung kommen. Wir sollten unsere Botschaften klar formulieren und auf deren Einhaltung bestehen.
OWYO: Welche Chancen ergeben sich daraus, welche Risiken, wenn wir es nicht tun?
Viola Klein: Wir werden so die Chance haben, mit vielen gut ausgebildeten Menschen zusammenarbeiten zu können. Unterschiedliche Sichtweisen sind wichtig für eine offene, demokratische Gesellschaft. Unsere Gesellschaft ist derzeit leider sehr gespalten, das besorgt mich. Es fehlt der respektvolle Umgang miteinander. Viele Menschen sind so hasserfüllt und aggressiv. Die Gesprächskultur muss sich wieder ändern. Wir sollten uns die Meinung des anderen anhören, diese andere Meinung auch tolerieren und nicht von vornherein ablehnen. Als Unternehmerin kann ich nur erfolgreich arbeiten, wenn ich andere Kulturen respektiere. Es ist eine Investition in die Zukunft, internationale Arbeitnehmer zu integrieren. Wir müssen fördern und fordern, dass sie lernen sich in unserer Gesellschaft selbst zu organisieren ohne staatliche, dauerhafte Sozialleistungen.
Sprachbarrieren überwinden
Stefan Richter
Stefan Richter
Die Sprache ist der
Schlüssel zur Welt.
OWYO: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen, wenn Menschen neu in unserer Region ankommen?
Stefan Richter: Durch meine berufliche Tätigkeit ist mir bewusst, dass die Sprache bzw. die Sprachbarriere eine bedeutende Herausforderung darstellt. Der Spracherwerb ist ein zeitintensiver Prozess, der von Geduld seitens aller Beteiligten erfordert. Häufig besteht zudem die Notwendigkeit, neben der Allgemeinsprache auch einen berufs- und unternehmensspezifischen Wortschatz zu erlernen. Beispielsweise bieten wir eine Vielzahl von Kursen für ausländische Ärztinnen und Ärzte an, die nahtlos zwischen medizinischer Terminologie, Fachsprache und Patientenkommunikation wechseln müssen. Wenn jemand nicht nahezu perfekt Deutsch spricht, kann dies schnell zu Zweifeln an der fachlichen Kompetenz führen, obwohl diese psychologisch erklärbar sind und sachlich von der Sprachfähigkeit getrennt werden sollten. Der charmante sächsische Dialekt stellt eine zusätzliche Hürde dar; einige Teilnehmende haben humorvoll angemerkt, dass sie in Sachsen quasi zwei Sprachen lernen.
OWYO: Was sind Ihre Wünsche für Sachsen?
Stefan Richter: Ich wünsche Sachsen einen positiven und hoffnungsvollen Blick in die Zukunft sowie einen Fokus auf die Chancen. Ein wenig Leichtigkeit und Selbsthumor können sicherlich auch nicht schaden.
OWYO: Was sind die größten Stolpersteine, die sich in den Weg stellen?
Stefan Richter: Häufig ergeben sich solche Stolpersteine aus komplexen Gegebenheiten, die nicht gezielt platziert werden. Trotz des Engagements wohlwollender Akteure bleibt die Situation oft herausfordernd. Ein Beispiel hierfür ist die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, deren Vergleichbarkeit oft schwierig ist. Zusätzlich gibt es bedauerlicherweise Länder, in denen Abschlüsse käuflich erworben werden können, was zu Unmut und Frustration bei ehrlichen Absolventen führt. Anerkennungsprüfungen und Gleichwertigkeitsprüfungen sollen die Vergleichbarkeit mit deutschen Abschlüssen sicherstellen. Zudem können Arbeitsverbote oder eingeschränkte Arbeitserlaubnisse, die auf gesetzlichen Regelungen basieren und oft berechtigte Gründe haben, die Integration behindern und die Bereitschaft zur Arbeit hemmen. Die Wohnungssuche stellt zunehmend ein weiteres Hindernis dar. Glücklicherweise gibt es mittlerweile Spezialisten, die beispielsweise Relocationservices anbieten, um bei solchen Problemen zu unterstützen.
OWYO: Was müsste sich ändern?
Stefan Richter: In den letzten Jahren hat sich bereits viel verändert. Es gibt heute verbesserte Zugänge zu Sprachkursen im Vergleich zu vor etwa 10 Jahren. Persönliche Begegnungen am Arbeitsplatz haben dazu beigetragen, den Einzelnen als Individuum wahrzunehmen und nicht auf sein Herkunftsland zu reduzieren. Diese persönlichen und individuellen Begegnungen sind meiner Meinung nach von entscheidender Bedeutung, um Verständnis für die Beweggründe einzelner Personen zu entwickeln. Den vielen Rückmeldungen aus unseren Kursen zufolge gibt es zwar auf der Arbeit Begegnungen, jedoch gestaltet sich der Kontakt im privaten Bereich oft schwierig.
Hier sollte der alte Spruch „Dienst ist Dienst und Schnaps ist Schnaps“ kritisch hinterfragt werden und Arbeitgeber sollten überprüfen, welche Unternehmenskultur sie anstreben und vorleben möchten. Im Umgang mit Behörden und Ämtern beobachten wir leider häufig eine Angst vor falschen Entscheidungen oder Klagen, was es schwieriger macht, auf individuelle Fälle einzugehen. Auch der bürokratische Aufwand und die Regulierungslast für geförderte Sprachkurse haben zugenommen, was dazu führen kann, dass Unternehmen lieber die Kosten selbst übernehmen, da die Vorgaben zu unflexibel sind. Ich bin dankbar für all jene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ämtern und Behörden, die ihre Arbeit als Dienst am Menschen verstehen und lösungsorientiert auf Anfragen reagieren.